Lehrstuhl für Geschichtsdidaktik
Die Geschichtsdidaktik und die Geschichtswissenschaften haben gemeinsame Wurzeln in der Zeit der europäischen Aufklärung seit der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Ziel der zeitgenössischen Pädagogen war es, erarbeitetes Wissen erstmals allen Bevölkerungsgruppen zu vermitteln. Didaktik beschränkte sich seitdem lange Zeit darauf, in pädagogischen Seminaren künftige Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer auszubilden. Seit den 1970er Jahren hat sich die Geschichtsdidaktik weiter professionalisiert und bezieht sich im 21. Jahrhundert nicht nur auf die reine Wissensvermittlung in der Schule. Heutige Geschichtsdidaktiker untersuchen vielmehr die Bedingungen, Ziele und Möglichkeiten historischen Lernens im schulischen wie im außerschulischen Kontext, wie in Museen, in der Erwachsenbildung, in den Medien und in unterschiedlichen Bereichen der Öffentlichkeit. So kann auch der öffentliche Umgang mit Gedenktagen wie beispielsweise anlässlich des Mauerfalls oder des Ersten Weltkriegs im Mittelpunkt geschichtsdidaktischer Forschung stehen.
In Rostock wird daher nicht nur Wert auf eine fundierte Ausbildung künftiger Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer gelegt. Es werden darüber hinaus auch allgemeine geschichtskulturelle Phänomene untersucht. Schwerpunkte in Forschung, Lehre und schulpraktischer Ausbildung sind die Relation zwischen schulischem und außerschulischem historischem Lernen, die Reflexion und Förderung historischer Kompetenzen mit besonderer Berücksichtigung des historischen Erzählens (narrative Kompetenz) sowie das Verhältnis zwischen Didaktik und Methodik des Geschichtslernens. Ziel dieser didaktischen Herangehensweisen ist die Förderung eines „Geschichtsbewusstseins als Sinnbildung über Zeiterfahrung“ (Jörn Rüsen).
Die Rostocker Geschichtsdidaktik als Kulturwissenschaft versteht sich somit als Vermittler zwischen Fragen der Lehr- und Lernbarkeit historischen Denkens in Schule und Erwachsenenbildung, der Geschichte wie sie im Alltag von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vorkommt und der Fachwissenschaft selbst. Dabei geht es der Fachdidaktik um die didaktische „Übersetzung“ fachwissenschaftlicher Erkenntnisse in den lebensweltlichen Kontext der Lernenden. Die Studierenden lernen dabei als Geschichtsvermittler, Unterricht eigenständig planen und reflektieren zu können, sind aber auch in der Lage, wissenschaftliche Inhalte in außerschulischen Kontexten und Orten zu vermitteln. In Rostock geschieht dies u. a. mit Inhalten, welche auch den Schwerpunkt der fachwissenschaftlichen Ausbildung am Historischen Institut bilden. Dies sind die Epochen der europäischen Geschichte vom Mittelalter bis in die Gegenwart und deren globale Perspektiven, ebenso wie eine reflektierte Auseinandersetzung mit Formen von Gewaltherrschaft und Diktatur in Deutschland. Dies beinhaltet auch die Auswirkungen dieser Diktaturen wie beispielsweise die Folgen der deutschen Besetzung großer Teile Europas für die Bevölkerung dieser Räume im Zweiten Weltkrieg.
Die geschichtsdidaktische Ausbildung in Rostock ist praxisbezogen und bezieht Museen, Gedenkstätten und historische Überreste in der Stadt und im Land in die Ausbildung mit ein, wie folgende Abbildung der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der DDR - Staatssicherheit - heute Sitz des Historischen Instituts - oder der in großen Teilen gut erhaltenen mittelalterlichen Rostocker Stadtmauer zeigen. Schließlich bestehen Kooperationen in Form von Lehraufträgen und gemeinsamen Lehrveranstaltungen mit der Forschungs- und Dokumentationsstelle des Landes zur Geschichte der Diktaturen in Deutschland (FDS) Um das forschend-entdeckende Lernen an Schule und Universität zu fördern, werden zudem Verbindungen mit anderen Universitäten und Schulen im Körber-Netzwerk Geschichtsdidaktik genutzt. Außerschulische Lernorte finden sich in Rostock in Form von Gedenkstätten wie dem ehemaligen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatsicherheit…oder in Form einer gut erhaltenen mittelalterlichen Stadtstruktur wie in Rostock.