PD Dr. Patrick Schmidt

Historisches Institut der Universität Rostock
Neuer Markt 3, R. 411
18055 Rostock

Tel.: +49 381 498-2727
E-Mail: patrick.schmidtuni-rostockde

Lehrgebiet

  • Geschichte der frühen Neuzeit

Forschungsgebiete

  • Handwerksgeschichte

  • Stadtgeschichte
  • Erinnerungskulturen
  • Geschichte behinderter Menschen
  • Mediengeschichte
  • Maritime Geschichte

Aktuelle Forschungsgebiete

  • Behinderungen und behinderte Menschen in printmedialen Diskursen des 17. und 18. Jahrhunderts. Eine Analyse anhand britischer, deutscher und französischer Periodika. Abstrakt zur Habilitationsschrift

  • Sozialer Protest auf See in der Frühen Neuzeit: Meuterei, Insubordination, Desertion
     

  • Aktuelles Forschungsprojekt: Seemännischer Ungehorsam in der Frühen Neuzeit. Das Beispiel der Royal Navy in den Jahren 1669 bis 1745.

    Während offene kollektive Meutereien im Zeitalter der Segelschiffe in der wissenschaftlichen wie populären Literatur häufig thematisiert worden sind (die Bounty ist das prominenteste Beispiel), stellen Fälle individuellen Ungehorsams an Bord ein wenig beleuchtetes Phänomen dar. Das von der Gerda Henkel-Stiftung geförderte Forschungsprojekt widmet sich solchen Fällen auf Schiffen der britischen Marine im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert. Indem es Situationen untersucht, in denen die politische und soziale Ordnung an Bord herausgefordert, aber nicht gestürzt wurde, soll es zu einem besseren Verständnis davon beitragen, wie „governance afloat“ (Cheryl A. Fury) funktionierte. Die Untersuchung beruht vor allem auf Kriegsgerichtsakten, die sich als das aussagekräftigste Quellenmaterial für eine derartige Studie erwiesen haben.

    Überraschenderweise verraten diese Akten weitaus mehr über ungehorsame Offiziere als über ungehorsame Matrosen. Das lässt sich zum Teil durch den Umstand erklären, dass Kapitäne befugt waren, kleinere Normverstöße einfacher Seeleute selbst zu ahnden, während sie, wollten sie einen Offizier bestraft sehen, dazu verpflichtet waren, eine Kriegsgerichtsverhandlung zu beantragen. Offiziere werden als Angeklagte in diesen Akten darüber hinaus weitaus sichtbarer als Matrosen, weil die Prozesse gegen sie viel umfangreicher dokumentiert wurden. Gleichwohl lässt die Lektüre dieser Akten an Nicholas Rodgers Hypothese denken, alle schwerwiegenden disziplinarischen Probleme in der Royal Navy des 18. Jahrhunderts seien von Offizieren, nicht von Matrosen, verursacht worden. Möglicherweise war ausgerechnet der Umgang mit dem Offizierskorps, das dem Kapitän doch eigentlich bei der Aufrechterhaltung der Ordnung an Bord unterstützen sollte, für diesen die herausforderndste Aufgabe.

    Dementsprechend stehen jetzt Leutnants, Navigationsoffiziere, Bootsmänner und Bordgeistliche, welche die Konfrontation mit vorgesetzten Offizieren suchten, im Zentrum des Forschungsprojektes.  Es sollen Erklärungen dafür gefunden werden, warum die Beziehungen zwischen vorgesetzten und untergebenen Offizieren so konfliktträchtig sein konnten. Dabei geht es vor allem um die folgenden Fragen: Welche systemischen Gründe gab es für solche Konflikte? Zu denken ist hier beispielsweise an die nicht hinreichend klare Abgrenzung von Kompetenzen.  Inwiefern ist die Auflehnung von Offizieren gegen Anweisungen ihrer Vorgesetzten dadurch zu erklären, dass die formal eindeutige militärische Hierarchie der Kriegsmarine mit Kategorien der gesellschaftlichen Ordnung an Land in Konkurrenz geriet? Welche Rolle spielten Patronageverhältnisse zwischen höher- und niederrangigen Offizieren als konfliktauslösende oder -mildernde Faktoren? Und wie erwarteten Offiziere von Vorgesetzten behandelt zu werden, um sich diesen gegenüber loyal und gehorsam zu verhalten?

    Eine Videodokumentation zu meinem Forschungsprojekt, die Timur Alexander el Rafie für die Gerda Henkel-Stiftung produziert hat, findet sich unter: https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/archivalien_wachsen_nicht_auf_baeumen?nav_id=9647
     

  • While full-blown mutinies aboard ocean-going ships during the age of sail have received a good deal of attention in academic and popular literature (the Bounty being the most prominent case), the same can’t be said for minor cases of disobedience to command, committed by individual crew members. The research project that is funded by the Gerda Henkel-Stiftung looks into such cases with respect to the late 17th- and early 18th-century Royal Navy. By investigating situations in which the political and social order aboard was contested but not overthrown, it aims at achieving a better understanding of the workings of “governance afloat” (Cheryl A. Fury). The research is mainly based on courts-martial records, as they constitute the most informative source material for such an investigation.

    Rather surprisingly, these records tell us much more about disobedient officers than about disobedient seamen. This can partly be explained by the fact that naval captains were allowed (and expected) to impose summary punishments on seamen for lesser offenses, while they had to apply for courts-martial when they deemed it necessary to sanction officers. Furthermore, courts-martial records document trials against officers in greater detail than those against seamen. Still, reading those records one is reminded of Nicholas Rodger’s contention that in the eighteenth-century Royal Navy ‘[a]ll the serious problems of naval discipline were with officers, not ratings’. Perhaps, managing and disciplining the very officer corps that was meant to support captains in holding up order aboard was one of the most challenging tasks these commanders had to accomplish.

    Accordingly, lieutenants, masters, boatswains and chaplains who defied superior officers are now at the centre of the research project. It aims at a better understanding of why the relations between superior and subordinate officers were so contentious and conflict-laden at times. Some of the questions to be addressed are as follows: Which role did systemic reasons play, e.g. an insufficient demarcation of competences? Did a blurring of the nominally clear-cut military hierarchy of the Royal Navy by influences of the social order at large facilitate insubordination? Which role may bonds between superior and subordinate officers constituted by patronage have played? How did officers expect their superiors to treat them in order for them to remain loyal and obedient?

    A video documentation of the research project (with English subtitles) produced by Timur Alexander el Rafie on behalf of the Gerda Henkel Foundation is to be found here: https://lisa.gerda-henkel-stiftung.de/archivalien_wachsen_nicht_auf_baeumen?nav_id=9647

Zur Person

  • geb. 1973 in Kassel

  • 1994-2001 Studium der Geschichte, Germanistik und Journalistik in Gießen
  • Promotion in frühneuzeitlicher Geschichte in Gießen 2007 mit einer Arbeit über zünftische Erinnerungskulturen
  • 2009/10 Forschungsaufenthalt in Cambridge (GB) mit einem Feodor Lynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung
  • Ab Oktober 2011: wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Institut, am Lehstuhl von Prof. Dr. Markus Völkel
  • Seit Oktober 2013 wiss. Mitarbeiter am Historischen Institut, am Lehrstuhl von Hillard von Thiessen
  • Juni 2016: Erfolgreicher Abschluss des Habilitationsverfahrens
  • Oktober 2017 – September 2018: Vertretung des Lehrstuhls für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Rostock
  • November 2018 – April 2019: Gastwissenschaftler am Sonderforschungsbereich 138 Dynamiken der Sicherheit. Formen der Versicherheitlichung in historischer Perspektive (Universitäten Marburg und Gießen)
  • Seit Januar 2020: Inhaber eines Forschungsstipendiums der Gerda Henkel-Stiftung

Publikationen

Monographien

Monographien

  • Bettler, Kriegsinvaliden, Körpersensationen. Beeinträchtigte Menschen in printmedialen Diskursen des 17. und 18. Jahrhunderts. Frankfurt a.M. [u.a.] 2017.

  • Wandelbare Traditionen, tradierter Wandel. Zünftische Erinnerungskulturen in der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2009.

Herausgeberschaften

Herausgeberschaften

  • mit Bernd Klesmann und Christine Vogel: Jenseits der Haupt- und Staatsaktionen. Neue Perspektiven auf historische Periodika. Bremen 2017

  • mit Frank Bösch: Medialisierte Ereignisse. Performanz, Inszenierung und Medien seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2010.

  • mit Horst Carl: Stadtgemeinde und Ständegesellschaft. Formen der Integration und Distinktion in der frühneuzeitlichen Stadt, Berlin 2007
Zeitschriftenaufsätze

Zeitschriftenaufsätze

  • Writing a Discourse History of Multiple Discourses. An Approach to Perceptions and Constructions of Dis/ability in Seventeenth- and Eighteenth-Century European Societies. Erscheint in: Frühneuzeit-Info (im Druck).

  • Kriegsinvaliden und Invalidenversorgung in der Frühen Neuzeit. Erkenntnispotenziale für die Disability History. Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 70 (2019), N. 1-2, 37-51.

  • Behinderung in der Frühen Neuzeit. Ein Forschungsbericht, in: Zeitschrift für Historische Forschung 37 (2010), S. 617-652.

Aufsätze in Sammelbänden (in Auswahl)

Aufsätze in Sammelbänden (in Auswahl)

  • Dis/ability History (besonders der Vormoderne) lehren. Erfahrungen und Vorschläge. In: Cordula Nolte (Hrsg.), Dis/ability History Goes Public. Praktiken und Perspektiven der Wissensvermittlung. Bielefeld 2020, S. 265-280.

  • Historiographie frühneuzeitlicher städtischer Korporationen. Chroniken und andere Formen historischer Aufzeichnungen in der Überlieferung reichsstädtischer Zünfte. Pia Eckhart; Marco Tomaszewski (Hrsg.), Städtisch, urban, kommunal. Perspektiven auf die städtische Geschichtsschreibung des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit. Göttingen 2019, 289-313.

  • Blindheit aus der Perspektive der Sehenden. Menschen ohne Augenlicht in den europäischen Periodika des 18. Jahrhunderts, in: Alexa Klettner / Gabriele Lingelbach (Hg.), Blindheit in der Gesellschaft. Historischer Wandel und interdisziplinäre Zugänge, Frankfurt a.M. 2018, S. 35-63.

  • Pressegeschichte jenseits der Haupt- und Staatsaktionen - ein Versuch, in: Bernd Klesmann/Patrick Schmidt/Christine Vogel (Hg.), Jenseits der Haupt- und Staatsaktionen. Neue Perspektiven auf historische Periodika. Bremen 2017, S. 9-34.

  • Diskursgeschichtliche Rekonstruktion eines ‚verborgenen‘ Themas. Behinderungen und behinderte Menschen in Zeitungen und Zeitschriften des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Bernd Klesmann/Patrick Schmidt/Christine Vogel (Hg.), Jenseits der Haupt- und Staatsaktionen. Neue Perspektiven auf historische Periodika. Bremen 2017, S. 217-239.

  • Geschichtsschreibung vormoderner städtischer Korporationen. Zunftchroniken des 17. und 18. Jahrhunderts, erscheint in: Pia Eckhart/Marco Tomaszewski (Hg.), Tagungsband zur Tagung „Was ist städtische Geschichtsschreibung?“ (in Vorbereitung).

  • Die sozialen Eliten des 17. und 18. Jahrhunderts und der Umgang mit Behinderungen. Beobachtungen zu einer vernachlässigten Thematik anhand britischer und französischer Periodika. In: Cordula Nolte (Hg.), Phänomene der ‘Behinderung’ im Alltag. Bausteine zu einer Disability History der Vormoderne (Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters), Affalterbach 2013, S. 164-188.

  • No need for assimilation? Narratives about disabled persons and their social integration in eighteenth-century periodicals. In: Sebastian Barsch/Anne Klein/Pieter Verstraete (Hg): The Imperfect Historian. Disabilities Histories in Europe, Frankfurt a.M. 2013, S. 41-58.
  • Zünfte, Handwerker und aufklärerische Öffentlichkeit. Annäherungen an ein distanziertes Verhältnis, erscheint in: Gerd Schwerhoff (Hg.), Stadt und Öffentlichkeit in der Frühen Neuzeit, Köln; Weimar; Wien 2011, S. 179-200.
  • „Körpersensationen“. Performanzen von Behinderung und ihre Medialisierung im 18. Jahrhundert, in: Bösch/Schmidt (Hgg.), Medialisierte Ereignisse. Performanz, Inszenierung und Medien seit dem 18. Jahrhundert, Frankfurt a.M. 2010, S. 30-73.
  • „A monster in reality…“. Überlegungen zur Begriffsgeschichte des Wortes „monster“ in nordamerikanischen Zeitungen des 18. Jahrhunderts, in: Roland Borgards/Günter Oesterle/Christiane Holm (Hgg.), Monster – Zur ästhetischen Verfassung eines Grenzbewohners, Würzburg 2009, S. 119-142.
  • Zünftische Erinnerungskulturen und städtische Öffentlichkeit: Die Repräsentation des korporativen Gruppengedächtnisses im Medium des Festes, in: Ulrich Rosseaux/Wolfgang Flügel/Veit Damm (Hrsg.), Zeitrhythmen und performative Akte in der städtischen Erinnerungs- und Repräsentationskultur zwischen Früher Neuzeit und Gegenwart, Dresden 2005, S. 69-92.
  • „Zunftaltertümer“ und historische Forschung. Oder: Wie kann die Geschichtswissenschaft Artefakte des frühneuzeitlichen Zunftwesens als Quellen nutzen?, in: Anke Keller/Ralf Schürer (Hrsg.): Die Zunft zwischen historischer Forschung und musealer Repräsentation. Beiträge der Tagung im Germanischen Nationalmuseum, 30. Mai bis 1. Juni 2013, Nürnberg 2015, S. 75-89.
Rezensionen (in Auswahl)

Rezensionen (in Auswahl)

  • Beat Kümin, Drinking Matters. Public Houses and Social Exchange in Early Modern Central Europe, Basingstoke 2007, in: Zeitschrift für Historische Forschung 37 (2010), S. 141-144.

  • Michaela Fenske, Marktkultur in der Frühen Neuzeit. Wirtschaft, Macht und Unterhaltung auf einem städtischen Jahr- und Viehmarkt, Köln/Weimar/Wien 2006, in: Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte 58 (2008).
  • Susanne Rau/Christian Hochmuth (Hgg.), Machträume der frühneuzeitlichen Stadt, Konstanz 2006; Renate Dürr/Gerd Schwerhoff (Hgg.), Kirchen, Märkte und Tavernen. Erfahrungs- und Handlungsräume in der Frühen Neuzeit, Frankfurt a.M. 2005; Renate Dürr, Politische Kultur in der Frühen Neuzeit. Kirchenräume in Hildesheimer Stadt- und Landgemeinden 1550-1750, Gütersloh 2006, Sammelrezension, in: Zeitschrift für Historische Forschung 35 (2008) S. 310-316.
  • Kirstin Buchinger/Claire Gantet/Jakob Vogel (Hrsg.), Europäische Erinnerungsräume, Frankfurt a.M./New York 2009, in: Zeitschrift für Historische Forschung 38 (2011), S. 665-667.
  • Michael Hecht, Patriziatsbildung als kommunikativer Prozess. Die Salzstädte Lüneburg, Halle und Werl in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2010, in: Zeitschrift für Historische Forschung 39 (2012), S. 678-680.
  • Strieter, Claudia, Aushandeln von Zunft. Möglichkeiten und Grenzen ständischer Selbstbestimmung in Lippstadt, Soest und Detmold (17. bis 19. Jahrhundert), Münster 2011, in: H-Soz-u-Kult, 19.02.13.
  • Lau, Thomas: Unruhige Städte. Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt, München 2012, in: Zeitschrift für Historische Forschung 41 (2014), S. 351-353.
  • Schattner, Angela, Zwischen Familie, Heilern und Fürsorge. Das Bewältigungsverhalten von Epileptikern in deutschsprachigen Gebieten des 16.-18. Jahrhunderts, Stuttgart 2012, in: Zeitschrift für Historische Forschung 42 (2015), S. 135-138.
  • Mounsey, Chris (Hrsg.), The Idea of Disability in the Eighteenth Century. Lewisburgh, Pa, 2014, in:Francia Recensio 2016/1 (http://www.perspectivia.net/publikationen/francia/francia-recensio/2016-1/fn/mounsey_-schmidt)
Lexikonartikel

Lexikonartikel

  • "Ämter, städtische", in: Friedrich Jäger (Hrsg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 1, Stuttgart 2005, Sp. 310-314. 

  • "Beigeordneter", in: ebd., Sp. 1164-1166.
  • „Lebensmittelversorgung, städtische“, in: Friedrich Jäger (Hrsg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 7, Sp. 705-708.
  • „Meister“, in: Albrecht Cordes [u.a.] (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 2. überarb. u. erw. Aufl., Bd. 3, Berlin 2016, Sp. 1434-1439.
  • „Zunftaltertümer“, in: Friedrich Jäger (Hrsg.), Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 15, Stuttgart 2012, Sp. 606-608.