Regionale Kulturgeschichte Mecklenburgs

Regionale Kulturgeschichte Mecklenburgs

Mecklenburg ist entstanden aus einem clash of cultures zwischen der slawischen Bevölkerung der Gebiete nordöstlich der Elbe, sächsischen und dänischen Eroberern sowie christlichen Missionaren. Diese Geschichte hat es gemeinsam mit seinen engeren Nachbarn in Pommern, Holstein und der Mark Brandenburg. Sie verbindet den Raum östlich und nördlich der Elbe aber auch mit Skandinavien und dem Ostseeraum einerseits, Nordwestdeutschland und den Niederlanden andererseits. Diese Beziehungen prägen politisch, wirtschaftlich und kulturell auch die weitere Geschichte Mecklenburgs, sei es in den dynastischen Verbindungen des Herzogshauses, in den Migrationsbewegungen seiner Einwohner oder den Handelswegen der Kaufleute. Verdichtet finden sich diese Einflüsse in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock mit ihrer Ausstrahlung nach ganz Nordeuropa.

Die Kulturgeschichte unseres Landesteils wie auch des heutigen Bundeslandes Mecklenburg-Vorpommern muss insofern von den überregionalen Bezügen ausgehen. Sie muss auf die Wechselwirkungen mit den Nachbarn im nordeuropäischen Raum fokussieren, und sie muss immer auch vergleichend arbeiten. Nur so können die Spezifika der mecklenburgischen Geschichte herausgearbeitet werden, sei es der Stellenwert der slawischen Ursprünge wie auch der skandinavischen und sächsischen (bzw. „deutschen“) Einflüsse, die Entstehung einer genuinen Städtelandschaft seit dem 13. Jahrhundert, die Geschichte der Hanse, die Rolle Mecklenburgs im Mächtekonzert des nordeuropäischen Spätmittelalters, die frühneuzeitliche Transformation zur Gutsherrschaft oder die heute oft nicht mehr präsente Industrialisierung im späten 19. und 20. Jahrhundert.

Theodor Schloepke: Niklots Tod (1857), heute im Schweriner Schloss

Der Chronist Helmold von Bosau schildert in seiner Slawenchronik (um 1167), wie im Jahr 1160 der Obodritenfürst Niklot durch Krieger des sächsischen Herzogs Heinrichs des Löwen erschlagen wurde. Unter den slawischen Herrschern des 11. und 12. Jahrhunderts war Niklot politisch längst nicht der bedeutendste. Da seine Nachkommen jedoch als Fürsten von Mecklenburg die Geschichte des Landes bis ins 20. Jahrhundert prägen sollten, wurde er im Nachhinein zum Stammvater der Herzogsdynastie stilisiert. Diese Geschichtskonstruktion kulminiert in der monumentalen Architektur des Schweriner Schlosses (1844-1857) mit seinen vielfältigen Bezugnahmen auf die slawische wie die „deutsche“ Geschichte des Landes. Für eben diese historistische Erinnerungsmaschine war auch das Gemälde Theodor Schloepkes gedacht. Es steht so für die ganz besondere Selbstwahrnehmung Mecklenburgs zwischen „slawischen“ und „germanischen“ Ursprüngen einerseits, westeuropäischen Einflüssen andererseits, in seiner realen Geschichte wie in der modernen Konstruktion dieser Historie.

Theodor Schloepke: Niklots Tod