Lehrstuhl für Europäische Geistesgeschichte und Historische Methodologie
Die Professur für Europäische Geistesgeschichte und Historische Methodologie ist die einzige ihrer Art in Deutschland. Ihr Schwerpunkt liegt in der Frühen Neuzeit, wobei zentrale Aspekte jedoch in der ‚langen Dauer‘, von der Antike bis in die Gegenwart, verfolgt werden. Was kann heute ‚Geistesgeschichte‘ bedeuten und was ist unter ‚Historischer Methodologie‘ zu verstehen? ‚Geistesgeschichte‘ wird in Rostock nach dem Modell der angelsächsischen ‚Intellectual History‘ gelehrt. Jeder soziale, religiöse oder ökonomische Prozess benötigt zu seiner tragfähigen Interpretation die Untersuchung seiner intellektuellen Faktoren, d.h. Ideen, Dogmen oder Theorien. Umgekehrt wurzeln alle diese Faktoren in konkreten historischen Prozessen, ohne doch jemals ganz in ihnen aufzugehen. Ja noch mehr: ‚Theoretische Orientierung‘ gilt nicht nur für die moderne Wissenschaft oder kennzeichnet aktuelle Welterklärung, sie macht auch die sogenannten ‚realen historischen Vorgänge‘ erst zu für uns ‚wirklich greifbaren‘. Sobald von ‚historische Wirklichkeit’ die Rede ist, sollten wir also sofort nach unserer theoretischen ‚Voreinstellung‘ fragen.
Auf die Geschichtswissenschaft übertragen, heißt das die Frage nach der ‚historischen Methode‘ zu stellen: Welche Prozesse führen uns zu akzeptablen historischen Fakten, Erklärungen, Theorien und Erzählungen? In Rostock werden diese Fragen vorwiegend als historische gestellt, denn die Geschichtsforschung und -schreibung, von deren Ergebnissen wir heute fundamental abhängen, ist wesentlich älter als die sogenannte moderne Geschichtswissenschaft. Die Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse der Arbeit an der Vergangenheit, wie sie die Antike, das Mittelalter und die Frühe Neuzeit erzielten, stehen in offener und zugleich verdeckter Kontinuität zu unserem gegenwärtigen historischen Denken. Wenn es überhaupt einen ‚Bruch zwischen Alt und Neu`gibt, dann ist er überhaupt erst in einer räumlich wie zeitlich universalen Perspektive zu erkennen. Um diese Perspektive bemüht sich der Vertreter dieser Rostocker Spezialität intensiv. Mit dem Werk ‚Geschichtsschreibung. Eine Einführung in globaler Perspektive‘ (2006) hat er inzwischen auch eine weit diskutierte Zwischenbilanz seiner Anstrengungen vorlegen können.
