Transnationale Paradigmen der Osteuropaforschung in Deutschland und Polen der Zwischenkriegszeit
Prof. Dr. Ralph Schattkowsky
Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Laufzeit: 01. 11. 2017 bis 31. 10. 2018
Gegenstand:
Intensität und Dynamik der Osteuropaforschung in Deutschland und Polen haben eine Reihe von gemeinsamen Voraussetzungen und Grundlagen, die sie vergleichbar machen. In beiden Ländern besteht ein ausgeprägtes Interesse am Osten bedingt durch die historische Dimension staatlicher Existenz, woraus die starke Politisierung und exponierte Stellung der Osteuropaforschung innerhalb der historischen Forschung in beiden Ländern erwächst. Schließlich ist es (Sowjet)Russland, das eine Schlüsselposition in der Osteuropaforschung in Deutschland und Polen einnimmt. Seine geopolitische Bewertung ist für beide Länder von hoher und in gewisser Weise sogar existentieller Bedeutung und entscheidet auch über die Stellung zu und in Ostmitteleuropa als traditionellen machtpolitischen Verfügungsraum. Die relevante Forschung hat wichtige Arbeiten zur deutschen und polnischen Osteuropaforschung vorgelegt. Auch ist gut bearbeitet, wie deutsche Ostforschung und polnische Westforschung aufeinander bezogen waren. Nicht erforscht sind dagegen die strukturellen Analogien und kommunikativen Brücken zwischen beiden Osteuropaforschungen. Hier ergibt sich ein innovatives Forschungsfeld, das mit dem methodische Ansatz des Transnationalen die Wahrnehmungen, Kommunikationsmuster und auch Verflechtungen ergründet, die durch die Einbettung in Forschungszusammenhänge zu paradigmatischen Gemeinsamkeiten geführt haben.
Unter Berücksichtigung der Forschungslage und der Gewichtung innerhalb der Osteuropaforschung konzentriert sich das Vorhaben auf vier Schwerpunkte, die vor allem in forschungsperspektivischen Positionierungen zu zeitnahen und wirkungsmächtigen Phänomenen osteuropäischer Geschichte bestehen und die in Meinungsbildung und Begriffsfindung insofern einen imperativen Ansatz entwickelten als sie über Teilhabe und Dominanz in der modernen Wissenschaftslandschaft entschieden und damit eine ausgemacht politische Relevanz erhielten:
1. Osten als potentieller kulturpolitisch-zivilisatorischer Verfügungs- und Expansionsraum.
2. Revolution in Russland und die Anerkennung der sozialen Revolution als historische Kategorie.
3. Bolschewismus und die Typologisierung von Gewaltherrschaft.
4. Prometheismus als Lehre von der historischen Bedingtheit einer besonderen Verantwortung zum Handeln im Osten unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren politischen Verwertung und Wirksamkeit der Osteuropaforschung.
Ziel des Projektes ist es, Antworten auf die Frage zu geben, wie in den beiden nachgewiesenen Zentren der Osteuropaforschung in der Zwischenkriegszeit über die bestehenden hohen politischen Hindernisse hinweg, sich transnationale Denkmodelle, Begrifflichkeiten und Bewertungsmaßstäbe etablieren, die nachhaltigen Einfluss auf die Struktur, Fragestellungen, Ergebnisse und internationalen Positionierung der nationalen Osteuropaforschung hatten.